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ThemenEvariste Galois BiografieAndere BiografienAndere Themen: | SchicksalsschlägeAls einfacher Schüler der Mathématiques préparatoires bereitete sich Galois ein Jahr früher als üblich und ganz alleine auf die Aufnahmeprüfung zur École Polytechnique vor. Galois wollte unbedingt auf diese Schule, denn dort hätte er die besten Ausbildungsmöglichkeiten in Mathematik. Knapp zehn Jahre vorher hatte die École Polytechnique ihr Statut drastisch geändert. Sie war nicht mehr militärisch und auch die Uniformen wurden zivil. Aber die Hauptaufgabe blieb gleich: junge Wissenschaftler für den Staatsdienst auszubilden. Im Juni 1928 erschien er dort zur Prüfung, obwohl er nicht, wie es üblich und empfohlen war, einen weiteren einjährigen Spezialkurs in Mathematik absolviert hatte. Dass er durchfiel war für Galois eine der Ungerechtigkeiten, real oder eingebildet, die sein Leben vergifteten. Die beiden schweren Schicksalsschläge, die Galois im Juli 1829 ereilten, waren sicherlich Katalysatoren für den tragischen Verlauf seines Lebens. Aber es stellt sich die Frage, ob sie auslösenden Charakter hatten, oder lediglich beschleunigten, was sich vielleicht schon durch seine bisherigen Erfahrungen am Louis-le-Grand angebahnt hatte. Das Jahr 1829 war eine Zeit, in welcher der Klerus sich mit dem Wohlwollen des Königs Charles X gegen die liberalen Erlasse von Martignac wehrte, die es zum Beispiel einigen religiösen Orden, wie auch den Jesuitten, nicht mehr erlaubte zu unterrichten. Dieses Spannungsfeld herrschte auch in Bourg-la-Reine, wo Anfang des Jahres 1829 ein junger Priester die Pfarrgemeinde übernahm und sich bald mit den Ultras zusammentat. Gemeinsam mit einem Mitglied des Stadtrates intrigierte er gegen den ihm verhassten liberalen Bürgermeister Nicolas-Gabriel Galois. Sie verbreiteten gefälschte vulgäre Gedichte und ließen ihn als den Autor erscheinen. Infolge eines daraus resultierenden Skandals verließ Evaristes Vater Bourg-la-Reine und zog nach Paris, wo er sich in einer Wohnung in der rue Jean-de-Beauvais, ganz in der Nähe des Louis-le-Grand, am 2. Juli das Leben nahm. Seine Beerdigung wurde zu einem Triumpfzug der Liberalen und am Ende kam es sogar zu Beleidigungen und Steinwürfen gegen den jungen Pfarrer. Nur wenige Tage nach dem unvorhergesehenen Tod seines Vaters, unterzog sich Galois zum zweiten Mal der Aufnahmeprüfung an der École Polytechnique, die zu einer Legende in der Geschichte der Mathematik wurde. Er wusste, dass eine Ablehnung diesmal endgültig für ihn wäre, wenn er wieder durchfiele. Die Prüfer, obwohl es sich bei ihnen um anerkannte Mathematiker handelte, waren nicht in der Lage das mathematische Genie Galois zu erkennen. Einer der beiden Prüfer stellte Galois die verhängnisvolle Frage: Er solle die Theorie der arithmetischen Logarithmen schildern. Galois, der es gewohnt war seine Ideen fast gänzlich im Kopf zu entfalten, hatte die ganze Zeit wohl unsicher mit Kreide und Schwamm vor der Tafel gestanden. Er bemängelte sofort die Frage, machte Professor Dinet darauf aufmerksam, dass es keine arithmetischen Logarithmen gäbe. Warum frage er nicht einfach nur nach der Theorie der Logarithmen? Daraufhin hatte sich Galois geweigert einen Satz über die Eigenschaften der Logarithmen zu beweisen. Er hatte gesagt, dass es völlig offensichtlich sei, und diese hat wohl den Ausschlag gegeben, dass er endgültig durchgefallen war. Nach dem Biographen Bell hatte die Prüfung einen gänzlich anderen und häufig zitierten Verlauf genommen. Galois Gewohnheit fast völlig im Kopf zu arbeiten sei für ihn ein ernster Nachteil vor der Tafel gewesen. Die Kreide und der Schwamm hätten ihn irritiert --- bis er eine geeignete Anwendung für eins der beiden Dinge gefunden habe. Eine Prüfer habe sowohl falsch als auch starrsinnig einen mathematischen Sachverhalt erörtert. In einem Anfall von Wut und Verzweiflung habe er den Schwamm in das Gesicht eines seiner Peiniger geschleudert. In den Nouvelles Annales Mathématiques findet sich zwanzig Jahre später dieser Satz: ,,Ein Kandidat von überlegener Intelligenz wurde von einem Prüfer von unterlegener Intelligenz zugrundegerichtet. Barbarus hic ego sum quia non intelligor illis!'' |
Autor: Bernard Bychan; Letzte Änderung am: September 15, 2017